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Hohe Fertigungstiefe: Vorteile, Herausforderungen und Praxisbeispiele

In der modernen Produktionswelt steht die Entscheidung über die optimale Fertigungstiefe im Zentrum strategischer Unternehmensplanung. Erfahren Sie, welche Vorteile eine hohe Fertigungstiefe bietet und welche Herausforderungen dabei zu meistern sind.

Was bedeutet hohe Fertigungstiefe?

Hohe Fertigungstiefe bezeichnet einen Produktionsansatz, bei dem ein Unternehmen einen Großteil der für seine Endprodukte benötigten Komponenten und Produktionsschritte selbst durchführt. Dieser Ansatz ermöglicht eine umfassende Kontrolle über den gesamten Herstellungsprozess – von der Rohstoffbeschaffung bis zum fertigen Produkt.

Durch die Eigenfertigung vieler Komponenten behalten Firmen die Entscheidungshoheit über essentielle Elemente ihres Produktionsprozesses. Dies führt zu besserer Qualitätskontrolle, größerer Unabhängigkeit von Lieferanten und einem tieferen Verständnis der eigenen Wertschöpfungskette.

Definition und Berechnung der Fertigungstiefe

Die Fertigungstiefe beschreibt den Anteil der Wertschöpfung, den ein Unternehmen selbst im eigenen Haus erbringt. Sie wird in Prozent angegeben und lässt sich durch folgende Formel berechnen:

Fertigungstiefe (%) = (Eigenleistungswert ÷ Gesamtwert des Produkts) × 100

  • Niedrige Fertigungstiefe – etwa 15%
  • Mittlere Fertigungstiefe – zwischen 30% und 60%
  • Hohe Fertigungstiefe – ab 80%

Unterschied zwischen hoher und niedriger Fertigungstiefe

Hohe Fertigungstiefe Niedrige Fertigungstiefe
Eigenproduktion der meisten Komponenten Fokus auf Kernkompetenzen
Hohe Kontrolle über Produktionsprozesse Abhängigkeit von Zulieferern
Schutz des firmeneigenen Know-hows Geringerer Investitionsbedarf
Höhere Qualitätskontrolle Größere Flexibilität bei Änderungen

Vorteile der hohen Fertigungstiefe

Eine hohe Fertigungstiefe bietet Unternehmen zahlreiche strategische Vorteile in der Produktion. Die unmittelbare Kontrolle über Produktionsprozesse ermöglicht eine präzisere Steuerung und Optimierung der einzelnen Fertigungsschritte.

Unabhängigkeit und Know-how-Schutz

  • Reduzierte Abhängigkeit von externen Zulieferern
  • Bessere Absicherung gegen Lieferengpässe
  • Schutz des intellektuellen Eigentums
  • Förderung der Innovationsfähigkeit
  • Stabilere Position in der Lieferkette

Bessere Qualitätskontrolle und höhere Gewinnmargen

Die umfassende Kontrolle über den gesamten Fertigungsprozess ermöglicht eine deutlich verbesserte Qualitätssicherung. Unternehmen können eigene, oft strengere Maßstäbe anlegen und durchsetzen.

  • Kontinuierliche Qualitätsüberwachung in allen Produktionsphasen
  • Reduzierung von Ausschuss und Nacharbeit
  • Höhere Wertschöpfung durch Eliminierung von Zulieferermargen
  • Bessere Kostenkontrolle und Kalkulierbarkeit
  • Stärkere Wettbewerbsposition im Premium-Segment

Herausforderungen der hohen Fertigungstiefe

Eine hohe Fertigungstiefe bringt auch signifikante Herausforderungen mit sich. Die erhebliche Kapitalbindung und hohen Fixkosten durch umfangreiche Eigenproduktion erfordern sorgfältige strategische Planung und können die finanzielle Flexibilität einschränken.


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Hohe Investitionskosten und weniger Flexibilität

Die Entscheidung für eine hohe Fertigungstiefe erfordert erhebliche finanzielle Ressourcen. Unternehmen müssen umfangreiche Investitionen in Produktionsanlagen, Technologien und Infrastruktur tätigen. Diese Fixkosten fallen unabhängig von der tatsächlichen Kapazitätsauslastung an und können besonders in wirtschaftlich schwierigen Phasen zur Belastung werden.

  • Hoher Investitions- und Kapitalbedarf für Produktionsanlagen
  • Konstante Fixkosten unabhängig von der Auslastung
  • Eingeschränkte Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen
  • Begrenzte Nutzung von Economies of Scale
  • Schwierigere Wettbewerbsposition in preissensiblen Märkten

Make-or-Buy Entscheidungen und strategische Überlegungen

Die Make-or-Buy Entscheidung bildet einen zentralen strategischen Prozess, bei dem Unternehmen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug abwägen müssen. Diese Entscheidung beeinflusst direkt die Fertigungstiefe und erfordert eine umfassende Analyse verschiedener Faktoren.

  • Schutz des unternehmenseigenen Kern-Know-hows
  • Prüfung der Qualitäts- und Zuverlässigkeitsgarantien externer Anbieter
  • Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen
  • Bewertung von Risikomanagement-Aspekten
  • Berücksichtigung langfristiger Wettbewerbsvorteile

Praxisbeispiele für hohe Fertigungstiefe

Die praktische Umsetzung einer hohen Fertigungstiefe zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der Volkswagen AG. In ihrem Werk Hannover betreibt der Konzern eine eigene Gießerei mit 1.300 Mitarbeitern, wodurch nicht nur die Qualitätskontrolle kritischer Komponenten, sondern auch die Bewahrung von Kernkompetenzen sichergestellt wird.

Luft- und Raumfahrtindustrie

Die Luft- und Raumfahrtindustrie demonstriert eindrucksvoll die Bedeutung hoher Fertigungstiefe. Unternehmen wie Airbus und Boeing setzen auf extensive Eigenfertigung, um höchste Sicherheits- und Qualitätsstandards zu gewährleisten.

  • Entwicklung spezieller Legierungen
  • Fertigung sicherheitskritischer Triebwerkskomponenten
  • Integration komplexer Flugsteuerungssysteme
  • Schutz proprietärer Technologien
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung von Innovationen

Schiffbau und andere Industrien

Branche Beispielunternehmen Kernaspekte der Fertigungstiefe
Schiffbau Meyer Werft, ThyssenKrupp Marine Systems Stahlbearbeitung, Antriebssysteme, Navigationstechnik
Maschinenbau Trumpf-Gruppe Präzisionswerkzeuge, Lasermaschinen
Medizintechnik Siemens Healthineers Bildgebende Verfahren, Diagnostiksysteme
Elektronik Bosch Innovative Technologien, Kernkomponenten

Fazit: Strategische Bedeutung der hohen Fertigungstiefe

Eine hohe Fertigungstiefe ermöglicht Unternehmen die direkte Kontrolle über zentrale Geschäftsprozesse und damit die präzise Steuerung von Qualität, Kosten und Lieferzeiten. In Zeiten globaler Unsicherheiten gewinnt diese strategische Entscheidung zusätzlich an Bedeutung.

  • Sicherung der Innovationsfähigkeit
  • Erhalt und Ausbau des unternehmenseigenen Know-hows
  • Stärkung der Wettbewerbsposition
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung des Produktionswissens
  • Schnellere Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen

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